Bereits um 9 Uhr starten wir im Zentrum von Marburg, denn der Tag soll lang werden, und anstrengend. Und am Ende verlangt er mir sogar alles ab und vielleicht auch noch ein bißchen mehr.

Doch von vorne: Schnell rollen wir aus Marburg heraus, vorbei an vielen jungen Sportlern, die früh auf den Beinen sind. Das Lahntal wird weiter und offener, und wir spulen die ersten 20 Kilometer zügig ab. Dann wird es spannender: Wir erreichen die Lahnauen, eine alte Steinbrücke und werden – wie bereits am Tag zuvor – jäh ausgebremst. Dieses Mal ist es eine Baustelle. Die Arbeiter dort geben uns zu verstehen, dass ein Weiterkommen nicht möglich sei. Aber es ist keine Umleitung ausgeschildert. Also fasst mein Mann sich ein Herz und läuft ohne Rad an der Baustelle vorbei. Und wir haben Glück: Der Lahntalradweg zweigt kurz vor der Unpassierbarkeit des Weges ab, und wir können weiter radeln.
So erreichen wir bald Gießen, wo wir das Lahnfenster und alles, was darunter schwimmt, bewundern wollen. Doch die Öffnungszeit beginnt erst um 15 Uhr, und so lange können wir aufgrund der uns noch bevorstehenden Kilometer nicht warten. Also rollen wir weiter.

Und irgendwann wird aus dem Lahntalradweg dann ein Lahntalbergweg. Jedenfalls geht es bergauf, weitab der Lahn. Vermutlich ist ein unter uns liegendes Naturschutzgebiet der Grund dafür. Aber eigentlich ist es auch egal, denn die Aussicht entschädigt für so manchen Höhenmeter. Schließlich picknicken wir im Schatten eines Baumes und genießen so unsere Mittagspause.

Mit neu gewonnener Energie geht es schnell weiter nach Wetzlar. Wir gönnen uns den wirklich lohnenswerten Abschnitt in die malerische Altstadt, bewundern den Dom und genießen ein Spaghettieis, bevor es weiter geht Richtung Weilburg.

Was nun folgt, ist schwer zu beschreiben. Ich war mehrfach versucht, mein Rad in die Wiese zu schmeißen und einfach nicht mehr weiter zu fahren: Umleitungen aufgrund von Baustellen mit nicht geahnten Steigungen, Strecken entlang Bundesstraßen und Autobahnen, entgegen kommende und überholende LKWs, eine nicht nachzuvollziehende Streckenführung, von Hecken und Pflanzen überwucherte Radwege (einzige Ausweichmöglichkeit Bundesstraße, und das wird einem Premiumradweg nun wirklich nicht mehr gerecht ) usw. Das waren definitiv die schlimmsten Kilometer unserer Fernradwanderwege.
Trotzdem erreichen wir nach knapp 90 gefahrenen Kilometern Weilburg und schieben unsere Räder bis zum höchsten Punkt der Stadt hinauf, ein wirklich lohnenswertes Unterfangen. Oben angekommen stärken wir uns mit Speis und Trank für die letzten 9 Kilometer.

Und die entschädigen uns für alles: Natur pur in der Abenddämmerung, eine wunderbare Ruhe und eine wirklich schöne, wieder dichter werdende Landschaft bringen uns einen mehr als versöhnlichen Abschluss des Tages. Sogar Biber und Kreuzotter können wir beobachten.
Dementsprechend schnell und beschwingt erreichen wir den Abzweig nach Gräveneck. Und dann geht es nochmal 1 km bergauf zu unserem vorab gebuchten Hotel. Noch einmal wird unseren Beinen alles abverlangt, dann erreichen wir völlig ko aber genauso glücklich unser heutiges Etappenziel.

Wie es morgen weiter geht? Geplant sind gut 60 Kilometer bis Obernhof. Dazwischen liegt u.a. ein gesperrter Streckenabscbnitt. Die Umleitung soll über einen Berg führen, man kann aber auch mit dem Zug ausweichen. Wir wollen uns die Umleitung zumindest mal anschauen und sind abermals gespannt auf das, was kommt.
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